Die Bewohner der Vojvodina flüchteten aus Angst vor den Besatzern in die Fruška Gora, um dort in den insgesamt 17 Klöstern Zuflucht zu suchen.
Von Franziska Wald und Franziska Walz
Franziska Wald und Franziska Walz (Abitur 2012) nahmen am Schüleraustausch des Rosenstein-Gymnasiums mit dem Gymnasium Jovan Jovanovic Zmaj in Novi Sad teil.
Bewegt man sich auf einer der vielen holprigen Strecken der Fruška Gora durch Nebelschwaden hindurch, ragt auf einmal ein rotes, imposantes Tor hervor, welches einem strahlenden Leuchtturm gleicht. Das rote Eingangsportal hinter sich lassend, sind es nur noch wenige Meter bis man vor einem ganz in weiß gehaltenen Gebäude steht. Es ist das Kloster Krušedol, das durch die weißen Farbakzente ein Gefühl von Wärme und Hoffnung vermittelt. Nach ebendiesem Gefühl sehnten sich auch die Bewohner der Vojvodina, die sich in der Zeit der türkischen Fremdherrschaft aus Angst vor den Besatzern in die Fruška Gora flüchteten, welche im Volksmund auch den Namen „Heiliger Berg“ trägt, um dort in den insgesamt 17 Klöstern Zuflucht zu suchen. Erbaut wurde die Anlage zwischen 1509 und 1515 unter der Leitung von Angelina und Đorđe Branković, die der letzten serbischen Herrscherfamilie im Sremgebiet angehörten und später heiliggesprochen wurden. Sie liegen neben weiteren wichtigen Persönlichkeiten der serbischen Historie im Mausoleum des Klosters begraben, weshalb diese heilige Stätte auch heute noch von besonderer Bedeutung für die Serben ist. Zudem findet man das Abbild Krušedols auf der 5 Dinar Münze wieder.
Das Kloster soll aber nicht als Museum angesehen werden, sondern als Ort lebendiger Religionsgemeinschaft. Um diese aufrechtzuerhalten, finden dort selbst heute noch wichtige Zeremonien wie Hochzeiten statt. Typisch für eine solche serbisch-orthodoxe Trauung sind zwei Kronen, die den Brautleuten am Schluss der Feier aufgesetzt werden, sowie ein um die Hände gelegtes Band, welches den Bund der Ehe besiegeln soll. Wie in jeder serbisch-orthodoxen Kirche kann man auch hier den typischen Weihrauchgeruch wahrnehmen. Darüber hinaus ist das Kloster Krušedol vor allem für seinen prachtvoll geschmückten Innenraum bekannt. Hier sind insbesondere die vielen Wandgemälde mit den Ikonen, den Abbildungen der Heiligen, hervorzuheben, die in liebevoller Weise mit viel Farbe und vergoldeten Rahmen verziert sind. Durch die Beleuchtung des Innenraums mit nur zwei Kronleuchtern wirkt die Kirche zwar düster aber zugleich hinterlässt sie einen majestätischen und prunkvollen Eindruck. Neben bildnerischen Reichtümern, die im Besitz des Klosters sind, gab es auch wertvolle Kirchenschätze, die mit Hilfe deutscher Soldaten während des zweiten Weltkriegs in Sicherheit gebracht und nach Belgrad transportiert wurden.

Die Kathedrale St. Nikolas in Sremski Karlovci
Einige Kilometer westlich gelegen befindet sich ein weiteres, von Touristen gern besuchtes Kloster: das Mönchskloster Novo Hopovo ist eine der besonders schönen Anlagen in der Fruška Gora, das 1576 von Lacko und Marko Jošić aus Gorno Hopovo gestiftet wurde. Auffällig ist besonders die neuartig wirkende Außenfassade des Gebäudes, was auf die zahlreichen Renovierungsarbeiten zurückzuführen ist, wie beispielsweise der Wiederaufbau des Klosters nach der Zerstörung durch die Türken im 17. Jahrhundert. Im Innenhof des Klosters sticht jedoch sofort der rustikale Bau der Klosterkirche hervor, durch den man sich in frühere Jahrhunderte zurückversetzt fühlt. Überraschenderweise befindet sich gleich am Eingang der Klosterkirche ein Souvenirstand, an dem ein serbisch-orthodoxer Mönch sitzt. Mit seiner schwarzen Mönchshaube, seinen großen Brillengläsern, dem struppigen weißgrauen Vollbart und der dicken schwarzen Jacke empfindet man schon beinahe Mitleid für den stillen Kirchenvertreter, der abgeschottet und alleine seinen Verkaufsstand hütet. Wendet man sich von diesem Souvenirstand ab und dringt tiefer in die Mauern des Klosters ein, fallen einem sofort die abblätternden Wandmalereien auf, die im krassen Gegensatz zur Außenfassade stehen. Lässt man die kahlen Stellen außer Acht, wirken die vollständig mit Malereien der Ikonen bedeckten Wände beeindruckend und zugleich auch erdrückend. Diese Bilder erscheinen sehr lebendig und lassen das Gemalte wie ein Buch erscheinen. Dabei kann man bei genauerem Betrachten einige Geschichten aus der Bibel erkennen wie die Hochzeit zu Kanaa und die wunderbare Brotvermehrung. Vor allem Soldatenheilige sind auf den Säulen abgebildet, und zudem befinden sich im Kloster die Gebeine des Theodor Tiron, einer der wichtigsten Soldatenheiligen, die dort besonders verehrt werden. Hell erleuchtet hängt im Zentrum der Klosterkirche ein goldfarbender, mit Ikonen verzierter Kronleuchter, der aufgrund seiner Lage das Auge des Betrachters auf die darüber liegende lichtüberströmte Kuppel lenkt. „Das erinnert mich an die Hagia Sophia“ bemerkt der Rektor des Rosenstein-Gymnasiums, Johannes-Josef Miller, überrascht. Ein weiterer Blickfang ist die mit Holzschnitzereien verzierte Ikonostase, auf der neben Maria und Jesus auch der Erzengel Gabriel zu sehen ist, der Maria die Geburt ihres Sohnes verkündet. Dieser Holzrahmen der kostbaren Ikonostase des Klosters Novo Hopovo wurde von Anton und Paul Roeßner aus Sremski Karlovci 1770 geschnitzt.
Genau in dieser Stadt stehen weitere wichtige Gebäude der serbisch-orthodoxen Kirche. Die Fruška Gora hinter sich lassend und in Richtung der Donau fahrend, gelangt man zu dem kleinen Touristenmagneten Sremski Karlovci, der weniger als 10.000 Einwohner zählt. Ein Grund für die hohe Besucherzahl liegt in der großen Bedeutung der Stadt für die serbische Freiheitsbewegung des 19. Jahrhunderts, als bei der Maiversammlung 1848 die Vojvodina erstmals als souveräner Staat ausgerufen wurde. Doch nicht nur im historischen Kontext spielt Sremski Karlovci eine wichtige Rolle, sondern gilt spätestens seit dem 18. Jahrhundert als kulturelles Zentrum der Orthodoxie. In der Innenstadt stehen alle wichtigen historischen Bauten unmittelbar beieinander. Eines dieser Gebäude fällt durch seinen markanten Architekturstil besonders ins Auge, da es an orientalische Bauwerke erinnert. Das Stephaneum von 1903 war einst ein Priesterinternat, in dem alle Geistlichen der serbisch-orthodoxen Kirche ausgebildet wurden, was heutzutage in den Universitäten der Großstädte Belgrad und Chicago geschieht. Den Marktplatz säumen außerdem noch weitere Gebäude des 18. und 19. Jahrhunderts, wie beispielsweise die Patriarchenresidenz, die 1894 fertiggestellt wurde. In der Außenfassade lassen sich barocke Elemente wiederfinden, die als Markenzeichen des Architekten Vladimir Nikolić gelten. Die heutige Residenz des Bischofs von Srem beherbergt zahlreiche Kirchenschätze sowie die Kapelle St. Dimitrius, was das Innere in besonders prachtvollem Licht erscheinen lässt. Direkt daneben befindet sich die serbisch-orthodoxe Kathedrale St. Nikolas, die von Kosta Cincarin 1758 bis 1762 errichtet wurde. Vor dem Eintreten erkennt man die prägnante Zweiturmfassade im neoklassizistischen Stil, welche deutlich den Einfluss des Westens auf den serbisch-orthodoxen Kirchenbau zeigt und daher eher an Salzburg erinnert. Im Inneren sieht die Kathedrale dann allerdings wie eine typisch orthodoxe Kirche aus, wobei hier im Vergleich mit den Klöstern der Fruška Gora weniger auf die Darstellung der Heiligen Wert gelegt wird. Dies ist der Grund, weshalb man sich im Innenraum der Kathedrale durch die etwas kahlen Wände und die karge Beleuchtung verloren fühlt. Zugleich wirkt sie aber dennoch einladend, da hier vor allem die Farbe Gold im Vordergrund steht und diese den Innenraum freundlich erscheinen lässt. Dass man sich in dieser Kathedrale wohl und geborgen fühlen kann, lässt sich außerdem auch auf die beruhigende Musik, die von den Lautsprechern in den Raum getragen wird, zurückführen.

Hochzeit in der Kirche des Klosters Krušedol - Auf dem Tisch in der Bildmitte befinden sich die beiden Traukronen
Gerade in einem Land wie Serbien, das viele unterschiedliche Nationalitäten, mit verschiedenen Weltanschauungen und mehren Glaubensrichtungen umfasst, gibt es ein Element, das den Vielvölkerstaat zusammenschweißt: die Religion. Sie ist das identitätsstiftende Band, das neben Hoffnung vor allem auch Vertrauen gibt. Insbesondere die Klöster der Fruška Gora verkörpern diese Werte und symbolisieren somit den wichtigen Fels in der Brandung in diesem innerlich so zerrissenen Land, bei dem die Bevölkerung Serbiens nicht nur in stürmischen Zeiten schon seit jeher Zuflucht fand.